Im Vorderlandhus wird täglich für kleinste Kinder bis hin zu hochbetagten Senioren gekocht. Eine große Rolle spielen regionale Produkte, die von heimischen Landwirten stammen. Der wichtigste Aspekt ist aber die Leidenschaft, mit der gekocht wird.
„Es wird mit Recht ein guter Braten gerechnet zu den guten Taten.“ steht auf der Tafel in der Küche des Vorderlandhus in Röthis in großen Lettern geschrieben. Diese Zeilen aus dem Gedicht „Kritik des Herzens“ von Wilhelm Busch verkörpern, dass Essen auch in einer Großküche mit einem Wohlgenuss verbunden ist. Oder wie es der große Dichter ausdrücken würde: „Zubereitet mit Sinnigkeit und Innigkeit.“ Das Herz und die Leidenschaft, mit der Küchenleiter Gerhard Nachbaur und sein 15-köpfiges Team bei der Sache sind, macht jedenfalls Appetit, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, wie man einjährige Kinder kulinarisch genauso zufrieden stellt wie hundertjährige Senioren.
Die Hälfte ist regional
Ein Patentrezept gibt es nicht, vielmehr aber viel Gespür und Erfahrung, die der 59-jährige diplomierte Diät- und Heimkoch in die (Küchen-)Waagschale werfen kann. „Essen ist eine Vertrauenssache“, drückt er es zwar etwas weniger lyrisch als Wilhelm Busch aus, dafür umso überzeugender und mit ganz viel regionalem Geschmack. So ist das Vorderlandhus mit vier Gabeln im Rahmen des Projektes „Vorarlberg am Teller“ zertifiziert, das unter anderem den Aspekt des regionalen Einkaufs von Lebensmitteln beinhaltet.
„Gut die Hälfte der von uns verwendeten Produkte stammen von hier“, bekräftigt Nachbaur, der auch auf die Zusammenarbeit mit heimischen Bauern setzt. Als Beispiele nennt der in Klaus wohnhafte Küchenleiter den Spallenhof in Götzis, woher Geflügel und Rindfleisch bezogen werden, die Metzgerei Walser, den Röthner Gemüsebauern Lukas Breuss, die Nudeln vom Martinshof oder die Familie Ebenhoch, die das Vorderlandhus mit frischen Säften versorgt. Für eine Großküche, in der bis zu 450 Essen pro Tag zubereitet werden, ist dies ein enorm hoher Anteil. „Möglich ist dies nur, weil wir verlässliche Partner aus der Landwirtschaft haben.“
Verlässlichkeit ist gefragt
Gerhard Nachbaur schneidet damit ein Thema an, das für einen Betrieb solcher Größe ein unabdingbares Muss ist. Denn um exakt über Wochen vorausplanen, sich aber auch die Flexibilität bewahren zu können, müssen alle Faktoren zu hundert Prozent passen. Die Ware muss zu einem genauen Zeitpunkt bereitstehen. Es darf keine Verzögerungen geben, da dies den Plan durcheinanderbringt. Nur so ist garantiert, dass die Lebensmittel optimal verwertet werden können. Werden etwa Hühner geliefert, werden die Brustteile für die Seniorenküche verwendet, die Schenkel für die Kindermenüs. Erst diese Effizienz lässt den hohen Anteil an regionalen Produkten zu, damit auch der preisliche Rahmen passt.
Der Küchenleiter tauscht sich deshalb regelmäßig mit den Lieferanten aus. Schließlich gilt es auch, saisonale Schwankungen zu berücksichtigen. „Im Laufe der Jahre haben wir das gut in den Griff bekommen.“ Manches ist ein Ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Regionalität ist zu jeder Jahreszeit machbar, sofern der Wille dazu da ist. Was frisch kommt, soll auch frisch verwertet werden. So landen beispielsweise rund fünf Tonnen Gulasch und acht Tonnen Hackfleisch pro Jahr auf den Tellern, müssen sieben Tonnen Karfoffeln geschält und 22.000 Liter Milch verarbeitet werden.
Gut die Hälfte der von uns verwendeten Produkte stammen von hier. Möglich ist dies nur, weil wir verlässliche Partner aus der Landwirtschaft haben.
Gerhard Nachbaur
Digitale Menüplanung
Zu den Tabletts für das Mittagsbuffet ist mittlerweile das elektronische Tablet hinzugekommen, das sich als unverzichtbarer Küchenhelfer hinter dem Herd bewährt. Sämtliche Rezepte – inklusive benötigter Zutaten und Mengen – wurden digitalisiert und sind stets abrufbar. Auch das vereinfacht die Logistik wesentlich. Gerhard Nachbaur, der seit 22 Jahren im Vorderlandhus beschäftigt ist, geht aber noch einen Schritt weiter. Kontinuierlich macht er Fotos von den gekochten Gerichten. Der Grund: Besonders betagte Menschen erhalten damit einen visuellen Eindruck vom Essen. „Es kann sein, dass sie mit den Namen nichts mehr anfangen können, aber das Gericht kennen, wenn sie das Bild sehen.“ Die Betreuer und Betreuerinnen können dadurch wertvolle Rückschlüsse ziehen. Manchmal ist es nur die Zusammensetzung, die entscheidet, ob etwas angenommen wird oder nicht. Gerade die tägliche Nahrungsaufnahme kann bis ins höchste Alter ein Stück Selbstständigkeit vermitteln. Das ist auch das Ziel. „Man kann sich gar nicht vorstellen, was es ausmacht, wenn man noch selbst den Löffel oder die Gabel zum Mund führen kann.“
Genau umgekehrt verhält es sich mit den Kleinkindern. Sie müssen zunächst lernen, richtig zu essen und sollen bewusst zum Mittagstisch geführt werden. Das schafft Regelmäßigkeit, Struktur und Bezug zu Lebensmitteln. Gerhard Nachbaur nennt in diesem Zusammenhang die Satellitenküchen für die Kinderbetreuung in Klaus und in Sulz.
Gespür ist gefragt
„Jede Altersstruktur hat ihre speziellen Voraussetzungen“, erklärt der Küchenleiter. Es ist Gespür gefragt. „Schließlich wollen wir zufriedene Kunden.“ Würde Wilhelm Busch noch unter den Lebenden weilen, käme er im Vorderlandhus wohl voll auf seine Rechnung. Der Dichter galt als wahrer Feinspitz. Sowohl mit dem Gaumen als auch mit der Feder. „Wer einen guten Braten macht, hat auch ein gutes Herz“, endet übrigens sein eingangs zitiertes Gedicht.