Sven Glabisch kam 2009 von Deutschland ins Ländle und hat in Gaschurn sein neues Zuhause gefunden. Seit zwei Jahren ist er Küchenleiter im Sozialzentrum Bludenz. Wie es ihm gelungen ist, die Regionalität in der Küche zu stärken und dabei noch Mengen einzusparen, erzählt der 50-Jährige im Interview mit Vorarlberg am Teller. Ebenso dabei beim Gespräch war Meistermetzger Gerold Hosp, der die Küche des Sozialzentrums mit Fleisch beliefert.
Herr Glabisch, Sie sind im Ländle richtig heimisch geworden, setzen als Küchenleiter voll auf regionale Produkte. Warum ist es Ihnen so wichtig, mit Lebensmitteln, die aus Vorarlberg stammen, zu kochen?
Sven Glabisch: Die Bewohner und Bewohnerinnen sind für mich meine Gäste, die sich wohl fühlen sollen. Das Essen spielt dabei eine große Rolle. Die Region bietet kulinarisch sehr viel. Regionalität bedeutet auch persönlicher Kontakt in jeglicher Hinsicht. Man lernt die Eigenheiten und Vorlieben der Menschen kennen. Diese kann man dann auch in die Küche einfließen lassen. Wir haben zwar von der Senecura Gastro einen vorgeschriebenen Menüplan, ich habe aber die Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen. Beispielsweise ist es in Vorarlberg üblich, dass es Kässpätzle nur am Freitag gibt. Darauf nehme ich Rücksicht.
Woher beziehen Sie die regionalen Produkte?
Sven Glabisch: Die Rheintaler Feldfrüchte beliefern uns ebenso wie die Bäckerei Fuchs, die Vorarlberg Milch, der Sennhof, Fohrenburger, der Fruchtexpress oder der Regionalmarkt, über den wir viele Produkte beziehen.
Ein weiterer Lieferant ist Metzgermeister Gerold Hosp, der bei diesem Gespräch dabei ist. Welche Vorteile hat für Sie die Zusammenarbeit mit dem Sozialzentrum Bludenz, das von der Senecura Gastro geleitet wird?
Gerold Hosp: Für mich als kleiner regionaler Metzgerbetrieb ist es sehr wichtig, dass ich eine solche Einrichtung mit Fleisch beliefern kann. Nur dadurch kann ich die Eigenschlachtung aufrechterhalten und weiterbetreiben. Wenn ich beispielsweise ein Kalb schlachte, kann ich es entsprechend vermarkten, weil es ein solcher Betrieb komplett verwerten kann. Das ist in der Einzelgastronomie bzw. nicht möglich. Auch im Einzelhandel lassen sich nur gewisse Teile verkaufen, weil der Rest nicht gewünscht ist.
„Mit regionalen Produkten kann man preisbewusst und wirtschaftlich kochen“
Wie funktioniert der Austausch zwischen Ihnen als Lieferant und der Küchenleitung?
Gerold Hosp: Alles läuft sehr unkompliziert ab. Sven (Glabisch) schickt mir ein paar Wochen vorher eine Liste was er alles an Fleisch braucht und ich kann mich darauf genau einstellen und den Landwirten die Tiere abnehmen. So ist es für beiden Seiten genau planbar. Nicht vergessen darf man auch den Umwelt-Aspekt. Dadurch, dass ich punktgenau liefern kann, brauche ich deutlich weniger Verpackungsmaterial.
Herr Glabisch, nun müssen Sie natürlich genau auf die Kosten schauen. Wie kommen Sie auf Ihre Rechnung, so dass sich jeden Monat alles ausgeht?
Sven Glabisch: Es ist sehr wohl möglich, mit regionalen Produkten preisbewusst einzukaufen und zu wirtschaften. Man darf nicht vergessen, dass Großhändler eine ganz andere Kostenstruktur haben – hier steckt viel Geld in der Logistik drinnen. Das gibt es beim Produzierenden vor der Haustür nicht. Da läuft alles direkt – sozusagen vom Feld gleich in die Küche. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Verwertung. Ich würde sagen, dass – seit ich 2021 im Sozialzentrum die Küche übernommen habe – viel effizienter gekocht wird. Wir kochen nicht zum blauen Dunst hinaus, sondern sehr genau. So ist es beispielsweise gelungen, die Fleischmenge wöchentlich von 24 auf 18 Kilogramm zu reduzieren. Das heißt aber nicht, dass die Bewohner und Bewohnerinnen zu kurz kommen. Ich gehe jeden Tag in einen anderen Wohnbereich, helfe beim Schöpfen mit, frage nach, ob alles passt. So lerne ich kennen, welche Mengen jede:r Einzelne braucht. Generell bieten wir täglich zwei Menülinien an. Und dann gibt es auch noch Sonderkostformen, die auf Unverträglichkeiten, spezielle Diäten etc. Rücksicht nehmen.
Wie viel Mahlzeiten bereiten Sie täglich zu?
Sven Glabisch: Unter der Woche sind es rund 180 Essen, am Wochenende rund 120.
Sie sind gelernter Koch, der den Beruf seit dem 16. Lebensjahr ausübt. Was gefällt Ihnen am Kochen im Sozialzentrum besonders?
Sven Glabisch: Hier gefällt mir, dass die Arbeit planbar ist und eine Regelmäßigkeit aufweist. Das ist in der normalen Gastronomie nicht der Fall. Ich hatte vor ein paar Jahren selbst einen Schlaganfall erlitten, musste mich wieder ins Leben zurückkämpfen. Das hat auch mein Kochverhalten verändert. Ich bin sehr zurückhaltend mit Würzen und Salzen geworden, aber dennoch hat das Essen einen Geschmack. Wichtig ist mir, dass hier richtig gekocht werden kann, ohne dass Fertigprodukte verwendet werden.