Das Pflegeheim St. Josef ist Teil des Gesundheits- und Sozialzentrums Montafon. Eine zeitgemäße Institution, die Dauerpflege, Urlaubs- und Übergangspflege bietet. Hier treffen wir Annette aus Tschagguns, die in der Küche das Zepter führt und dafür sorgt, dass alles wie am Schnürchen läuft. Schon nach wenigen Minuten wird klar: Annette ist mit Leib und Seele Köchin. Sie steckt ihr ganzes Herzblut in die Verarbeitung von qualitativ hochwertigen Zutaten aus der Region sowie eine schonende Zubereitung der Speisen. Täglich bietet die Küche des Pflegheims zwei verschiedene Drei-Gänge-Menüs: Vollkost, leichte Kost oder Sonderkost, jeweils mit Fleisch oder vegetarisch.
Annette, wie lange arbeitest du schon im Pflegeheim St. Josef?
Als gelernte Köchin war ich in verschiedenen renommierten Betrieben in Vorarlberg tätig. Nach der Karenz und verschiedenen Weiterbildungen durfte ich vor 12 Jahren ein Teil des Teams werden. Das Pflegeheim St. Josef ermöglichte mir, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu schaffen und in meinen Fähigkeiten zu wachsen. Mittlerweile habe ich im Zuge der Neuausrichtung der Küche die Leitung übernommen – ich bin dem Küchenteam für die gute Zusammenarbeit sehr dankbar!
Für wie viele Personen kocht ihr täglich?
Insgesamt kommen wir auf rund 300 Menüs. Wir beliefern ca. 120 Personen im ganzen Montafon mit Essen auf Rädern. Wir bekochen die Patienten der Maria Rast Nachsorgestation, bei denen wir sämtliche Anforderungen der Diätologie berücksichtigen. Dazu kommen das Altersheim und einige Schulen im Montafon. Unter der Woche ist also Rambazamba, am Wochenende ist es ein wenig ruhiger.
Was sind deine Aufgaben als Küchenleiterin?
Mein Arbeitstag startet um 6 Uhr morgens. Ich bin verantwortlich für die Erstellung des Menüplans, den Ablauf der Dienste, Bestellungen und Administratives. Zwischendurch greife ich jedem unter die Arme, der Unterstützung braucht und achte darauf, dass wir Zeitfenster einhalten. Auch die Vorbereitungen für den nächsten Tag müssen gut überlegt sein.
Das Wenige, das unsere Bewohner:innen noch essen können, soll gut sein und möglichst aus der Region stammen.
Du arbeitest als Frau in einer nach wie vor männerdominierten Branche. Ist es schwierig, sich zu behaupten?
Ich habe ein gutes Führungscoaching erhalten. Die Stiftung Liebenau ermöglicht immer wieder Schulungen für Kommunikation und Werte. Insgesamt bin ich gut unterstützt und begleitet worden. Das Küchenhandwerk ist mein Leben. Ich stecke mein gesamtes Herzblut in meine Tätigkeit. Das Schöne an meinem Beruf ist, mein erlerntes Wissen weiterzugeben und auch immer wieder Neues zu entdecken.
Inwiefern unterscheidet sich das Kochen für Pflegebedürftige, ältere Menschen im Vergleich zur „normalen“ Gastronomie?
Die Nobelgastronomie und Pflegeheimgastronomie unterscheiden sich meiner Meinung nach nicht viel. Denn natürlich freuen sich auch unsere Bewohner:innen über eine fein zubereitete Speise. Finanziell kann ich natürlich nicht so tief in die Tasche greifen. Aber man kann auch im Pflegeheim neue Wege gehen und statt einem Wurstbrot eine Pastete zubereiten. Heute gab es beispielsweise einen selbstgemachten Griesauflauf. In der gehobenen Gastronomie würde man diesen feiner anrichten und statt Griesauflauf Griessoufflé sagen. Das ist der Unterschied. Grundsätzlich gibt die Hausmannskost die Struktur für unseren Speiseplan vor. Mein Team und ich sind stetig auf der Suche nach dem Besonderen und wir lassen uns daher öfters das kleine Etwas einfallen.
Was hat euch bewogen, bei „Vorarlberg am Teller“ dabei zu sein?
„Vorarlberg am Teller“ steht für Werte, die mir wichtig sind. Mein Ziel ist es: Das Wenige, das unsere Bewohner:innen noch essen können, soll gut sein und möglichst aus der Region stammen. Statt Unmengen zu kochen, die qualitativ weniger hochwertig sind. Wir bevorzugen alles, was bei uns vor der Haustür wächst. Unser direkter Nachbar pflanzt Kartoffeln und Karotten – ein echter Glücksfall. So hat alles seinen Anfang genommen. Facettenreiche Lebensmittel sind eine Bereicherung für jede Küche. Ich habe diesen Einheitsbrei aus dem Großmarkt irgendwann nicht mehr ertragen.
Woher bezieht ihr eure Lebensmittel?
Die Liste ist lang. Das Gemüse von unserem Nachbarn Bernhard Schrottenbaum, vom Regionalmarkt und vom Vetterhof. Milchprodukte aus Schnifis und von Vorarlberg Milch, Apfelsaft aus Sulz-Röthis, Fleisch und Wurstwaren beziehen wir von der Metzgerei Salzgeber, speziell kaufen wir Schweinefleisch von Ulli Gstach, Hühnerfleisch vom Lucas Keiler und Rind und Kalbfleisch von regionalen Bauern. Je weiter weg die Lieferanten sind, um so komplizierter ist die Logistik. Aber das Angebot an lokalen Produkten ist in den letzten Jahren größer geworden. Vor zehn Jahren hätte man sich nicht vorgestellt, Süßkartoffeln oder Edamame in größeren Mengen aus Vorarlberg zu bekommen.
Welches Feedback bekommst du von deinen Gästen, seit ihr verstärkt auf regionale Produkte setzt?
Gerade unsere Essen auf Räder-Kundschaft legt viel Wert auf Regionalität. Seit wir verstärkt auf hochwertige Produkte aus der Region setzen, erleben wir eine Image Aufbesserung. Und natürlich schmeckt man den Unterschied: Unser Eierbauer Jürgen Burtscher hat seinen Hühnerhof in einer exponierten ländlichen Lage am Ludescher Berg. Mit diesen Eiern kann das Gekochte nur gut werden. Man merkt einfach, dass die Spätzle sich am Gaumen besser anfühlen. Wer regional und saisonal einkauft vermeidet außerdem eine Monotonie bei der Speiseplanaufstellung.
Was würdest du dir für die Zukunft in Bezug auf regionale Lebensmittel wünschen?
Der regionale Einkauf ist mir ein großes Anliegen, aber am Ende muss das Produkt passen. Für uns im Montafon ist die Logistik oft ein Problem und mit viel Aufwand verbunden. Wir müssen viel recherchieren und neue Lieferanten ausfindig machen. Durch die Teilnahme an Vorarlberg am Teller haben wir hier Unterstützung durch das Ländle Marketing und den Regionalkoordinator der Landwirtschaftskammer erhalten. Die Zusammenarbeit mit den regionalen Lieferanten funktioniert immer besser. Regionalität ist eben auch mit Mehraufwand verbunden. Deshalb ist es so wichtig, dass alle im Team mitmachen und mich in meiner Philosophie unterstützen. Wer verstärkt regional einkauft, muss auch sein Wissen erweitern. Wir haben beispielsweise gelernt, wenn der Wirsing frisch geerntet mit Tautropfen geliefert wird, bilden sich rasch braune Ränder. Deshalb muss man ihn schnell verarbeiten.